Zeitreise-GrundlagenDie folgenden Überlegungen gelten für Science Fiction-Universen, denn ich gehe davon aus, dass Paralleluniversen nicht wirklich existieren.
Vorbetrachtungen: Zeit ist (temporärer) Abstand zwischen Ereignissen und Zuständen. Das Universum ist nur einmalig vorhanden – aber in stetiger Veränderung, so wie eine Flagge im Wind. Entlang eines virtuellen Zeitstrahls ist jeder Zustand dieses Universums einzigartig. Zwischen Zustand 1 und Zustand 2 der Beispiel-Flagge liegt ein Zeitabstand. Was wird nun, wenn die Flagge gefroren ist – vergeht dann keine Zeit mehr? Jein. Für die Flagge scheint tatsächlich die Zeit eingefroren zu sein – aber ringsum gibt es noch Veränderungen im Universum. So lange sich irgendwo noch irgendeine Veränderung ereignet –ist ein „Vorher“ vom „Nachher“ unterscheidbar. Der Zeitstrahl wächst weiter. (Es „vergeht“ Zeit.) Das Universum ist auch vergleichbar mit einer Theaterbühne, auf der unablässig Veränderungen geschehen. Kann man durch Zeitreise dieses Theaterstück verändern? In der Realität wird ein Bühnenstück mehrmals als gleicher Ablauf aufgeführt. Das könnte ein Attentäter nutzen, um sich bei einer Aufführung maskiert auf die Bühne zu mogeln, und einen unbeliebten Politiker im Publikum mit faulen Eiern zu bewerfen. Ist nun in dem Theaterstück durch die Manipulation des Attentäters für immer eine Veränderung eingetreten? Nein. Bei der nächsten Aufführung wird Sicherheitspersonal dafür sorgen, dass der Ablauf auf der Bühne nicht gestört wird.
Problem: Kann man durch eine „Zeitreise“ das Attentat verhindern? Nein. Die Aufführung mit dem Attentat ist vorbei und der Ablauf ist nur noch aus verschiedenen Aufzeichnungen für Nachforschungen virtuell rekonstruierbar. Eine willkürliche Zeitreise im eigenen Universum ist nicht möglich, denn dazu müssten unzählige Zustände des Universums - zu allen Zeiten - materiell vorhanden sein. Und das ist noch unglaubwürdiger als die Entstehung eines einzigen Universums aus dem Nichts, beim Urknall. Wenn alle jemals möglichen Zustände materiell vorhanden wären – wie eine endlose Reihe lückenlos aufgestellter Dominosteine – dann könnte sich kein Zeitreisender mehr an irgendeiner Stelle dazwischendrängen. Diese „Dominostein-Universen“ könnten auch nicht umkippen. Jedes Ereignis würde unveränderbar schon seit immer festliegen. Jeder Zeitforscher würde zu jeder Zeit für sich selbst den Moment der „Gegenwart“ festlegen. Aber genau dann ist die „Gegenwart“ gleichzeitig „niemals“ und „immerzu“. Aber was ist in diesem Zusammenhang mit anderen Universen, falls es sie gibt?
Ausweg: Paralleluniversen, die ein Zwilling unseres Universums sind, könnten zwar am selben Ort sein, (oder räumlich eng benachbart) aber zeitlich zueinander versetzt sein. In der Abbildung 1 sind unser Universum („B“) und die Paralleluniversen wie Aufzugschächte nebeneinander angeordnet. „Von oben betrachtet“, könnten sie einen sechseckigen Querschnitt haben, so dass unser Universum von 6 Paralleluniversen umgeben wird (Abbildung 2). Im dreidimensionalen Raum könnte es auch 12-, 20-, oder mehr Nachbar-Universen geben. In diesen leeren „Aufzugschächten“ befindet sich jeweils nur 1 Kabine, in der sich ständig Veränderungen abspielen (wie auf der Theaterbühne). Der Zeitablauf eines parallelen Universums ist völlig unabhängig davon - in welcher „Etage“ es sich gerade befindet. Es kann zwar der gleiche Zeitpunkt „…-3“ in verschiedenen Etagen - von verschiedenen Aufzugsröhren- existieren. Aber pro Liftschacht kann es nur je 1Kabine geben. Ähnlich wie bei einem Paternoster könnten Zeitreisende im beschriebenen Beispiel auf einer „Zeit-Etage“ leicht in ein anderes Universum wechseln, falls sich die offene „Liftkabine“ in diesem Moment auf der betreffenden Etage befindet. Für gezielte Wechsel zu bestimmten RaumZeit-Zielkoordinaten brauchen die Zeitreisenden allerdings transportable, technische Spezialausrüstung.
Beispiel für praktische Anwendung: Großvater verunglückte tödlich im Museum des Universums „B“. Der Enkel hat ihn nie kennen gelernt und will eine Zeitreise unternehmen, um den Großvater zu retten. Mit seiner „Temporal“-Maschine kommt er per Interuniversal-Transfer auch rechtzeitig zum Zeitpunkt „A-1“ am richtigen Ort an, um den Großvater von der umkippenden Ausstellungs-Rakete weg zu ziehen. Aber Universum „A“ ist nicht sein eigenes Universum. (Von dort besteht allerdings ebenfalls die Möglichkeit in 6 Nachbaruniversen-„Röhren“, mit anderen Zeitabläufen, zu gelangen.) Er kann nun für immer dort bleiben und sich an Großvaters Gesellschaft erfreuen. In Universum „A“ wird er sich aber irgendwann selbst begegnen. (Ähnliches erlebte der Halb-Vulkanier Spock vom Raumschiff Enterprise.) In seinem Heimatuniversum „B“ bleibt der Enkel dann seit seiner Zeitreise für immer verschollen. Der zeitreisende Enkel kann aber auch in sein Universum „B“ zurückreisen (in die Zukunft). Dieses Universum hat sich aber entsprechend seiner Abwesenheitsdauer weiter verändert. Er kann nicht kurz nach seiner Abreise dort wieder ankommen. Bei der Rückkehr ist sein Großvater im Universum „B“ trotzdem tot, denn dieser wurde ja im Universum „A“ gerettet. Es wird auch nie ein anderer Zeitreisender auftauchen können, um den Großvater im Universum „B“ zu retten. Vergangene Zustände sind nicht mehr materiell zu rekonstruieren. Bei der Rückreise könnte der Enkel aber ebenso gut im Universum „C“ landen, das fast genauso wie sein eigener Kosmos ist. Allerdings ist dort alles spiegelverkehrt und in Invers-Farben. Ebenso könnten irgendwelche Naturkonstanten einen anderen Wert haben. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Zeitreisende im Universum „D“ landet und von Pac-Man gefressen wird. Wenn die „Parallel-Universen-Aufzüge“ mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in die „Zukunft“ fahren, gibt es nur jeweils eine einzige Gelegenheit zum Wechseln zwischen zwei Universen. Nur wenn die „Aufzüge“ zusätzlich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten „vor und zurück oszillieren“, dann gibt es immer wieder einmal Gelegenheiten zum Universen-Wechsel (siehe Abbildung 3/Animation).
Schlussbetrachtung: Wenn wir uns heute in die hypothetische „Zeit-Etage +13“ begeben-, und in jedem Nachbar-Universum die jeweiligen historischen Aufzeichnungen studieren könnten, dann wüssten wir heute schon, wohin sich der Zeitreisende einmal begeben wird. (Es wird geschehen, weil es schon geschah.) Doch weil es auch in diesen (6) Universen nur je eine einzige Gegenwarts-Ebene gibt, muss man für „Zukunfts-Zeitreisen“ Glück haben, dass sich diese Ebene gerade im Zeit-Zustand „…+13“ befindet-, und außerdem tatsächlich einen – für uns – zukünftigen Zustand des Heimat-Universums „B“ darstellt. Anstelle des Wortes „Zeitreisen“ wäre die Bezeichnung „Interuniversal-Transfer zwischen Parallel-Universen“ passender. Im eigenen Universum sind keine Zeitreisen möglich, weil nur der Gegenwarts-Zustand real existiert. Zeitreisende können sich nicht in jeden beliebigen Raum - zu jeder beliebigen Zeit - versetzen. Der Ziel-Raum muss auch zur Ziel-Zeit real vorhanden sein. Das Zieluniversum und die Zielzeit bei einem Interuniversal -Transfer sind sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich im Voraus zu bestimmen. Damit wäre jede Interuniversal(Zeit)-Reise einem Lotteriespiel ähnlich. Apropos Lotterie: Als Zeitreisender sollte man natürlich unbedingt die Lottozahlen der Zielzeit mitnehmen und sich den Gewinn vor der Rückreise in Bar auszahlen lassen.
© 05.12.2015 by Bernhard Kletzenbauer |